Das smaragdene Licht in der Luft by Donald Antrim

Das smaragdene Licht in der Luft by Donald Antrim

Autor:Donald Antrim [Antrim, Donald]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Storys
ISBN: 9783644048911
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-10-29T16:00:00+00:00


Er wusste es

Wenn es ihm gut oder auch nur auf unbestimmte Weise ein kleines bisschen gut und manchmal sogar, wenn es ihm nach psychiatrischen Maßstäben überhaupt nicht gut ging, er aber trotzdem die Vorstellung hatte, er würde vielleicht bald aus der FURCHT herauskommen, wie er das nannte, bestand er darauf, mit Alice ins Bergdorf Goodman zu gehen und hinterher einen Spaziergang auf der Fifty-seventh Street bis zur Madison zu machen, wo sie umkehrten – das war zur Tradition geworden – und sich Richtung Norden durch die East Sixties und Seventies in die unteren Eighties vorarbeiteten und dabei die teuren Geschäfte abklapperten. Er war natürlich selbst gelegentlich ein Kleiderständer, dann nämlich, wenn er nicht im Bademantel ans Haus gefesselt war.

Und es war immer öfter das eine oder das andere. Die Wohnung oder das Draußen! Er hätte eine Bleibe kaufen sollen, als das noch möglich gewesen wäre – er und Alice wohnten im Village zur Miete –, damals, als er ständig anstatt nur noch selten gearbeitet hatte. Aber nein, das war nicht die richtige Einstellung. Bleib in Bewegung, sagte er sich.

Sie hatte einen halben Block Vorsprung, war mit ihren Tüten, in denen sich die schlichte weiße Bluse und die französischen Lotionen befanden, die sie ihr gekauft hatten, schon über die Straße. Sie wartete darauf, dass er sie einholte. Die Ampel sprang um, und er überquerte die Straße. Er hatte eine junge Frau. Sie wusste noch nicht, was das Leben für sie bereithielt. Oder doch?

Vor langer Zeit hatte er als Läufer Wettkämpfe bestritten, und manchmal dachte er daran, seinen Sport auf Seniorenebene wiederaufzunehmen. Seit kurzem machte er sich Sorgen über sein Herz, und das Laufen täte ihm gut. Aber er würde es niemals tun. Oder vielleicht doch.

Sie rief: «Wie schaffst du es nur, dein gutes Aussehen zu behalten?», und er war wieder verliebt. Er trabte den Bürgersteig entlang und sagte: «Ha, das ist nett von dir, aber ich habe Übergewicht.»

«Wen juckt’s? Ich doch auch», verkündete sie. «Schau dir bloß meinen Hintern an! Ich muss unbedingt was tun!»

«Ich liebe deinen Hintern», sagte er. «Was siehst du?» Sie standen vor einer Boutique. Sie lachte. «Wir haben schon genug italienische Bettwäsche!» Da war es wieder, das Lauterwerden auf dem letzten Wort, ihr schrilles Crescendo.

Es war ungefähr die Tageszeit, zu der sie ein paar Tabletten hätten hinunterwürgen müssen. «Wir sollten demnächst mal ein paar Flüssigkeiten auftreiben», sagte er.

Er legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie sanft an sich. Sie bündelte ihre Einkaufstüten in einer Hand, schlang den anderen, freien Arm zu fest um seine Taille und steuerte ihn damit den Bürgersteig entlang. Sie passten nicht gut zusammen, wenn sie eng umschlungen gingen – sie schwenkte ihren Hintern, und sie stießen mit den Hüften zusammen –, und irgendwann lösten sie sich voneinander und hielten Händchen. Sie hatte lange, dunkle Haare und runde braune Augen, hinter denen, wenn er in sie hineinschaute, andere Augen zu liegen schienen. Was meinte er damit? Es war ein schwer in Worte zu fassendes Gefühl.

Gott sei Dank reichte das Geld. Über ihre Einkauferei machte er sich keine allzu großen Sorgen.



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